Resonanz
Skulpturen

(Arbeitstitel)

Ein partizipatives Kunstprojekt für einen auditiv-taktilen Skulpturenpfad im öffentlichen Raum in Marburg (Lahn).
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  1. Einführung  
  2. Grundlage
  3. Gemeinschaftlicher Schaffensprozess
  4. Recherche & Entwicklung
  5. Nächste Schritte
  6. Kontakt

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1. Einführung
Kunst ist mehr als das, was wir sehen – sie ist ein Prozess von Ideen, Gesprächen und Verbindungen. ResonanzSkulpturen ist ein kollaboratives, interdisziplinäres und inklusives Kunstprojekt, das gemeinsam mit Menschen aus der blinden und sehbehinderten Gemeinschaft in Marburg an der Lahn und Berlin entwickelt wird, um eine inklusive Teilhabe für Kunst im öffentlichen Raum zu ermöglichen.




Durch enge Zusammenarbeit mit freiwilligen Teilnehmenden, wie Cordula von Brandis-Stiehl, der Künstlerin Silja Korn (www.siljakorn.de), dem Gymnasiallehrer und Musiker Jens Flach, dem Leiter der Musikschule Marburg Eugen Anderer und mit Unterstützung von Franz-Josef Breiner, die alle selbst blind sind, soll unter der künstlerischen Leitung von Gina Bolle, ein permanenter, taktil-auditiver Skulpturenpfad für verschiedene Orte in Marburg konzipiert, produziert und an ausgewählten Orten aufgestellt werden. 

Ein permanenter, taktil-auditiver Skulpturenpfad ist ein festgelegter Rundgang mit künstlerischen Skulpturen, die durch Berührung und / oder Klang erfahrbar sind und ein barrierearmes, multisensorisches Erlebnis bieten.

Das Projekt wurde vom Fachdienst Kultur der Universitätsstadt Marburg (Lahn) mit initiiert und gefördert. Es zielt darauf ab, unterschiedliche „ways of knowing”[1] und die Wahrnehmung von blinden, sehbehinderten für sehende Menschen erfahrbarer zu machen. So können neue Resonanzräume eröffnet werden – eine sensorische Erkundung für Sehende, geleitet von den Perspektiven blinder oder sehbehinderter Menschen. „Ways of knowing” bezieht sich hier auf das Verflechten mit nicht-normativen Erkenntnistheorien [2]. 

Im Zentrum des Projekts steht das Verständnis von Zugänglichkeit als ein fließender, essenzieller und schöpferischer Prozess.


2. Grundlage
Als Gina Bolle im September 2024 eines ihrer Kunstwerke in einer Glasvitrine im öffentlichen Raum in Marburg installierte, fiel ihr auf, dass es blinden und sehbehinderten Passant*innen nicht möglich war, die Kunst zu erfahren. Sie fand auch heraus, dass es in Marburg wenig Kunst im öffentlichen Raum von oder für blinde und sehbehinderte Menschen gab. Dies führte zu einer kritischen Reflexion: Für wen ist Kunst im öffentlichen Raum eigentlich konzipiert?

Michael Warners Konzepte von Öffentlichkeit und „Gegenöffentlichkeit” verstehen sich als selbstorganisierte „poetic worldmaking“[3]. Historische Marginalisierung schränkt jedoch das Potenzial zum „worldmaking” ein[4]. Öffentliche Räume werden von Normen geprägt, die nicht-normative Körper oft ausschließen. ResonanzSkulpturen greift die Idee der „Gegenöffentlichkeit” auf, durchbricht ableistische Denkweisen und schafft reichere, inklusivere Erfahrungen in der Öffentlichkeit. Barrieren werden zum kreativen Impuls – verwurzelt in den physischen, sensorischen und sozialen Realitäten des urbanen Lebens.




Marburg ist ein geeigneter Ausgangsort für das Projekt: Als inoffizielle „Blindenhauptstadt“ Deutschlands ist sie eine Vorreiterin in barrierearmer Stadtplanung – mit taktilen Leitstreifen und akustischen Signalen, die schon vor der UN-Behindertenrechtskonvention von 2006 installiert wurden[5]. Dennoch hat sich diese Vorreiterrolle bislang nicht umfassend auf die künstlerische Gestaltung des öffentlichen Raums übertragen. ResonanzSkulpturen knüpft an dieses Erbe an, indem es eine künstlerische Dimension einführt, die öffentliche Infrastruktur als Raum für sinnliche und soziale Verbindung neu denkt. Mit Unterstützung des Fachdienst Kultur der Universitätsstadt Marburg, der Sparkasse Marburg-Biedenkopf, der ideellen Unterstützung der Museumsfreunde e.V. und der Musikschule e.V., sowie von Einzelpersonen wie Frau Ulrike Schönhagen und der Kuratorin Emma Fearon startet das Projekt auf gemeinschaftlicher Grundlage.


3. Gemeinschaftlicher Schaffensprozess


Alle Teilnehmenden bringen eigene Erfahrungen und disziplinübergreifende Perspektiven ein, die jeden Schritt dieses wachsenden Projekts mitprägen. Das Projekt beginnt mit einer recherche-basierten Anfangsphase, in der aktuell viele Gespräche geführt werden und alle Mitwirkenden auf einen Fragebogen antworten. Die Fragen beziehen sich auf alltägliche Erfahrungen und sinnliche Eindrücke im öffentlichen Raum und fokussieren sich auf Erinnerungen und Begegnungen im urbanen Leben. Barrieren und Teilhabe werden gleichermaßen diskutiert.

Diese Recherchephase bildet das Fundament für die ersten Gestaltungsideen und konzeptionelle Richtungen der Skulpturen – tief verwurzelt im Gelebten: sei es das Navigieren über verschneite Boden-Leitlinien, fehlende akustische Signale ab 22 Uhr oder die vielseitige sensorischen Wahrnehmung von architektonischen Strukturen, die Stadträume prägen.

Die dadurch entstehende geteilte Autorenschaft der Konzeptentwürfe stellt auch das traditionelle Verhältnis zwischen Einzelkünstler*in und den Mitwirkenden in Frage. Anstelle fertiger Werke zum passiven Konsum steht das gemeinsame Schaffen im Vordergrund – mit Gina Bolle als Initiatorin und Koordinatorin. So wird kulturelle Teilhabe nicht nachträglich hinzugefügt, sondern von Beginn an ermöglicht. Wenn sich Sinneseindrücke zwischen blinden und sehenden Menschen teilen lassen, dann wird dieses Teilen von Sinnen zu einer poetischen Erfahrung (siehe auch „poetic worldmaking”[6]).






4. Recherche & Entwicklung


Im Kern stellt ResonanzSkulpturen einen direkten Gegenentwurf zum vorherrschenden westlichen Okkularzentrismus dar – also der Fokussierung auf das Sehen, die eine körperliche Erfahrung vernachlässigt[7]. Während das Konzept des „Blind Gain“ (angelehnt an das „Deaf Gain“) zunehmend bekannter wird, kommt es zum direkten Aufruf, die „Die Aufteilung des Sinnlichen“, orig. „Le partage du sensible“[8] zu hinterfragen. Das Projekt bringt nicht-normative körperliche Fähigkeiten in den Fokus. Es fordert eine vielfältige Wahrnehmung und wertet dadurch andere „ways of knowing” neu auf[9].

ResonanzSkulpturen ist auch durch das Konzept der „Sozialen Plastik” von Joseph Beuys inspiriert, in der Menschen prozesshaft und kreativ die Verhältnisse in der Gesellschaft verändern und formen[10]. Kunst und öffentliche Teilhabe werden hier als partizipativer, sozialer und räumlicher Prozess verstanden – als ein Resonanzraum, der sich durch die Mitwirkung der ihn Durchquerenden ständig verändert.

Im Zentrum steht dabei Sicherheit im öffentlichen Raum – verstanden durch eine feministische Ethik der Fürsorge („Feminist Ethics of Care”)[11]. Zudem knüpft das Projekt an José Muñoz’ und Ernst Blochs Konzept der „Utopie” an. „Fürsorge (care)” wird hier nicht als passive Geste, sondern als aktiver Aufbau alternativer Zukünfte verstanden [12] [13]. Sie ist sowohl politische als auch materielle Praxis – als Methode der skulpturalen Gestaltung und als Form der Auseinandersetzung mit „Gegenöffentlichkeiten” („counter-public”). Die ResonanzSkulpturen werden zum Berühren einladen und wecken dadurch räumliche Erinnerungen, unterwandern visuelle Dominanz und setzen sich somit für das Sichtbarmachen behinderter Körper im öffentlichen Raum ein. Inspiriert von feministischen Theorien, die Interdependenz und Relationalität in den Mittelpunkt rücken, sollen die Skulpturen zu einem  Ort werden, der auf eine inklusive urbane Zukunft verweist. Die Entwürfe dafür beharren darauf: Sicherheit bedeutet nicht nur Schutz, sondern auch Zugehörigkeit. 
Fürsorge und Platz für alle Körper in ihrer Unterschiedlichkeit wird im öffentlichen Raum mitgedacht und damit Würde geboten.


Klicken Sie hier, um die Bibliografie zu sehen




5. Nächste Schritte
Die nächsten Schritte von ResonanzSkulpturen sind:
  
  • Kooperationen aufbauen
  • Förderungen einholen
  • Materialkunde
  • Eine taktilen Skulpturengruppe für eine erste Station des Pfades soll ausgearbeitet und Prototypen hergestellt werden
  • Planung der taktil-auditiven Skulpturen für die nächsten Stationen des Pfades
  • Test von Materialien und Formen
  • Fortlaufender Dialog mit Mitwirkenden und der Öffentlichkeit: Bestehende Infrastrukturen werden kritisch hinterfragt und neue Formen der Wahrnehmung und Zugehörigkeit im öffentlichen Raum evaluiert


6. Kontakt
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Barrierefreiheitserklärung
ResonanzSkulpturen verpflichtet sich zu radikaler Barrierefreiheit und stellt sicher, dass unser digitaler Raum nicht nur funktional zugänglich, sondern auch kulturell und sprachlich inklusiv ist.

Wir erkennen an, dass echte Barrierefreiheit über grundlegende sensorische Übersetzungen und physische Checklisten hinausgeht. Sie erfordert die aktive Auseinandersetzung mit systemischer Ausgrenzung, die Einbindung vielfältiger Weisen, die Welt zu erfahren, und die Fokussierung auf die Bedürfnisse historisch marginalisierter Gemeinschaften, darunter sehbehinderte, gehörlose, behinderte und neurodiverse Menschen.

Wir erkennen außerdem an, dass Barrierefreiheit für jede Person mit Behinderung(en) spezifisch ist und ständiger Überprüfung und Flexibilität bedarf.

Unser Ansatz zur Barrierefreiheit zielt darauf ab, unterschiedliche Weisen des Wahrnehmens, Verarbeitens und Interagierens mit Kunst wertzuschätzen.


Rückmeldungen und kontinuierliche Verbesserung
Barrierefreiheit ist ein fortlaufendes Engagement. Wenn Sie auf Hindernisse stoßen oder Vorschläge zur Verbesserung der Barrierefreiheit dieses digitalen Raums haben, freuen wir uns sehr, wenn Sie uns über unser Feedback-Formular – hier verfügbar – kontaktieren. 

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und Ihren Besuch.


Verantwortlich für das Projekt:

© Gina Bolle – freischaffende Künstlerin und Fotografin, Berlin, DE

Verantwortlich für die Website:
Emma Fearon –  Kunstkuratorin und  PhD. Candidate der University of Exeter, Exeter, UK

Stand: November 2025